Frauen im Krieg: Stärke im Unglück
Die Vertreibung von Menschen ist eine der schwerwiegendsten Folgen bewaffneter Konflikte. Sie betrifft Frauen in vielerlei Hinsicht. Aber weit davon entfernt, hilflose Opfer zu sein, sind Frauen im Angesicht der Härte ideenreich, widerstandsfähig und mutig. Anlässlich des internationalen Frauentags, erzählen wir Ihnen die Geschichte von Siham und Salma.
Entwurzelt und allein
"Es war jeden Tag ein Kampf, über die Runden zu kommen. Ich klopfte an jede Tür, um nach Hilfe oder Geld zu fragen. Ich konnte nicht weiter sehen als bis zum Abend – es gab einfach kein Morgen". Vor sechs Monaten war Siham (alle Namen geändert) eine Frau ohne Hoffnung. Nach Jahrzehnten des Krieges ging es ihr wie vielen Frauen im Irak, deren Männer verhaftet oder getötet wurden oder aber verschwunden sind.
Sihams Mann verschwand im Jahr 2004 und wird bis heute vermisst. Im selben Jahr wurde auch ihre Tochter Salma, Mutter von zwei Mädchen, Witwe, nachdem ihr Mann von einer bewaffneten Gruppe gefangen genommen, gefoltert und getötet wurde. Damit nicht genug: Auch Sihams ältester Sohn kam ums Leben und ihr Sohn Ammer wurde bei einem Schusswechsel verletzt. Er ist nun gelähmt.
Schließlich wurde die Lage in Sihams Nachbarschaft in Bagdad so gefährlich, dass sie fliehen musste. Sie und ihre Familie ließen sich in Amara im Süden des Iraks nieder. Nachdem sie fast alles verloren hatten, konnten sie kaum die Miete für das kleine Haus in einer von Müll übersäten Nachbarschaft bezahlen.
Ein Schritt in die Zukunft
Das Schicksal von Sihams Familie ist im Irak heute üblich: Etwa eine bis drei Millionen Haushalte werden von Frauen geleitet - in einem Land, wo diese traditionell abhängig von Männern sind. Frauen haben oft nur eine mäßige Bildung und keine Berufserfahrung. Doch schwerer wiegen die Vorurteile in der Gesellschaft. Arbeitsstellen sind rar und Männer werden bevorzugt eingestellt. Eine Frau, die täglich ihr Haus verlässt, läuft Gefahr, ihren Ruf zu verlieren.
Als das Rote Kreuz Siham 2009 zum ersten Mal besuchte, hatten sie und ihre Tochter Salma die Idee, eine kleine Firma aufzubauen. Fleisch, Huhn oder Eis planten sie Zuhause zu verkaufen. Mit finanzieller Unterstützung des Roten Kreuzes haben die beiden in eine Gefriertruhe und Produkte investiert und ihr Geschäft gestartet. Heute kommen jeden Tag Kunden aus der ganzen Nachbarschaft, um bei ihnen einzukaufen. "Auch wenn wir nicht viel verdienen und viele Kunden in Raten bezahlen, deckt unser Geschäft alle täglichen Ausgaben", sagt Salma, die für die Buchführung verantwortlich ist. Sie ist stolz: „Ich konnte einen Fernseher und bessere Sachen für meine Mädchen kaufen."
Um Frauen zu helfen, die Grundbedürfnisse ihrer Familien zu befriedigen, hat das IKRK im Irak zusammen mit lokalen Hilfsorganisationen mehr als 20 ähnliche Projekte gestartet, beispielsweise in Bagdad, Basra und Nadschaf. Siham und Salma müssen jetzt die Energie finden, weiter für ihre Rechte zu kämpfen: "Es ist ein gutes Gefühl, eigenes Geld zu verdienen und die Gemeinschaft akzeptiert unser Geschäft, weil wir keine Männer haben, die sich um uns kümmern. Aber würden wir Männer haben, hätten wir nie gearbeitet".
Das Deutsche Rote Kreuz unterstützt Frauengruppen in Palestina, die sich um die medizinische, psychologische und soziale Versorgung von Familien in ihren Dörfern kümmern. Lesen Sie mehr zum Frauenprojekt in Palestina.