Dem Zivildienst droht das Aus – Bayerische Hilfsorganisationen und Sozialverbände für Freiwilligen Zivildienst
Die Diskussion um die Zukunft des Zivildienstes ist noch lange nicht beigelegt. Mit einer Aussetzung der Wehrpflicht, die voraussichtlich Mitte nächsten Jahres in Kraft treten soll, wird voraussichtlich auch der Zivildienst entfallen.
Nach Einschätzung der bayerischen Hilfsorganisationen und Wohlfahrtsverbände können die Leistungen des heutigen Zivildienstes nicht allein vom Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) aufgefangen werden, dessen Bedeutung für die Jugendliche und Sozialverbände deutlich betont wird. Ein gleichberechtigtes Nebeneinander des FSJ und eines freiwilligen Zivildienstes halten die Verbände kurzfristig für erforderlich, mittelfristig müsse es einen neuen, einheitlichen und attraktiven Jugendfreiwilligendienst geben.
Darauf haben sich Mitte Oktober Vertreter der Arbeiterwohlfahrt (AWO), des Arbeitersamariterbundes (ASB), des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), der Caritas, der Diakonie, des Malteser Hilfsdienstes (MHD) und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes nach eingehenden Beratungen verständigt.
Der Initiator der gemeinsamen Stellungnahme der Verbände, BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk: "Die Hilfsorganisationen und Wohlfahrtsverbände plädieren in einem Positionspapier eindringlich für einen freiwilligen Zivildienst". Dabei weicht das Modell der Verbände in einigen Punkten von dem Konzept der Bundesfamilienministerin Kristina Schröder für einen freiwilligen Zivildienstes ab.
BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk "Das Modell der bayerischen Verbände soll sich schwerpunktmäßig auf die Gewinnung von jungen Frauen und Männern für Tätigkeiten in sozialen Einrichtungen und in Institutionen der Gefahrenabwehr und des Bevölkerungsschutzes ausrichten." Einer Erweiterung auf die Altersgruppe der 28-65jährigen stehen die Verbände aus arbeitsmarktpolitischen Gründen kritisch gegenüber.
Das umfangreiche Positionspapier wollen die Verbände in Kürze Vertretern der bayerischen Politik vorstellen. Bei der Neugestaltung eines sogenannten "Jugendfreiwilligendienstes" ist es den Initiatoren daran gelegen, dass die bisherigen Träger der Einsatzstellen erhalten bleiben. Stärk: "Das schulden wir dem Prinzip der Subsidiarität. Einen vollständig staatlich gelenkten Zivildienst lehnen wir ab, darin sind wir uns mit Sozialministerin Christine Haderthauer einig!"
Die Verbände hatten im Vorfeld der Diskussionen eindringlich vor den gesellschaftlichen Folgen einer Zivildienst-Verkürzung gewarnt. Nach den Worten Stärks habe sich die Gesellschaft seit Jahrzehnten auf die Leistungen des Zivildienstleistenden verlassen. Zahllose hilfsbedürftige Menschen seien auf deren Einsatz angewiesen, vielen jungen Männern hat der Zivildienst Orientierung gegeben und ihnen sowohl Zugang zu sozialen Berufen als auch zu ehrenamtlichem Engagement verschafft. "Nicht wenige frühere Zivis sind heute in ehren- und hauptamtlichen Diensten unseres Verbandes tätig", sagt der BRK-Landesgeschäftsführer.
Nach dem Wunsch der Verbände sollen junge Menschen, die - egal ob sie einen freiwilligen Zivildienst oder ein FSJ-Jahr absolvieren - für ihr späteres Berufsleben oder für ihre Ausbildung spürbare Vorteile erhalten. Stärk: "Zum Beispiel bei der Anrechnung auf die Wartezeiten bei der Studienplatzvergabe, Bevorzugung bei der Vergabe von Stipendien oder Ausbildungsstellen." Daneben fordern die Verbände eine vernünftige finanzielle Ausstattung des freiwilligen Zivildienstes und des FSJ. Besonderen Wert legen die Organisationen dabei auf einen Erhalt des FSJ, der vor allem auf die Sozialarbeit und die pädagogische Arbeit mit jungen Menschen ausgerichtet ist.
Allein im Freistaat Bayern sind derzeit rund 8.000 Zivildienstleistende in den beteiligten Wohlfahrtsverbänden im Einsatz. Etwa 8.000 weitere junge Männer, die sich vom Wehr- und Zivildienst freistellen ließen, engagieren sich für einen Zeitraum von vier bis sechs Jahren im Katastrophenschutz bei der Feuerwehr, den Hilfsorganisationen und dem Technischen Hilfswerk.